16.02.2011 –
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat in der vergangenen Wahlperiode beim Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) einen Bericht zum Thema "Chancen und Perspektiven behinderungskompensierender Technologien am Arbeitsplatz" in Auftrag gegeben. Für die Grüne Bundestagsfraktion ist die Zurverfügungstellung technologischer Assistenz ein zentraler Baustein bei dem Anliegen, die Chancen auf eine Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Beeinträchtigungen zu verbessern. Da sich die Bundesregierung dieses Themas nicht weiter annehmen zu wollen schien, hat die Grüne Bundestagsfraktion mit einer Kleinen Anfrage das Thema ihrerseits auf die politische Agenda gesetzt.
Die nun vorliegende Antwort der Bundesregierung bietet zwar einen guten Einblick in aktuelle Geschehnisse der Forschung, offenbart allerdings, dass die Bundesregierung das Potenzial der Forschung und Zurverfügungstellung technologischer Assistenz scheinbar weiterhin nicht erkennen will.
So weist die Bundesregierung etwa die Verantwortung für eine koordinierte Bedarfserhebung technologischer Assistenz vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sowie für eine koordinierte Forschungsplanung von sich. Nach Ansicht der Bundesregierung stelle der TAB-Bericht insbesondere für die Rehabilitationsträger eine gute Grundlage für die Erfüllung ihrer Aufgaben dar (s. Vorbemerkung). Da diese in Zusammenarbeit mit den Integrationsämtern im Einzelfall über die Zurverfügungstellung technologischer Assistenz entscheiden würden, seien besondere Maßnahmen oder eine nationale Koordinierung nicht erforderlich (s. Antworten auf Fragen 6 und 7). Leider erkennt die Bundesregierung das Potential technologischer Assistenz in keinster Weise, anders ist nicht zu erklären, warum sie keine Antwort auf die Frage, wie eine zielgenaue Bedarfserhebung von barrierefreier Technologie am Arbeitsplatz möglich wird, geben kann (s. Frage 11). Bleibt es bei der losen Vernetzung von Forschung und Förderung einerseits und der nicht hinreichend erfolgenden Transferbemühungen von Technologiepotenzialen aus anderen Technologiefeldern in den Bereich der behinderungskompensierenden Technologien am Arbeitsplatz anderersseits (s. Antworten auf Fragen 8 und 9), bleibt das Forschungs- und Entwicklungspotenzial ungenutzt.
Bündnis 90/Die Grünen werden auch künftig darauf dringen, das Potenzial der Forschung und Zurverfügungstellung technologischer Assistenz am Arbeitsplatz zu erkennen und entsprechend zu nutzen. Dieses Feld bleibt für uns wichtig, um insbesondere ältere, "leistungsgewandelte" und beeinträchtigte Personen in den Arbeitsmarkt integrieren zu können.
Neben der fehlenden Gesamtsicht, bietet die Antwort der Bundesregierung allerdings einen guten Einblick in aktuelle Geschehnisse und ist daher lohnend, näher betrachtet zu werden. So zählt die Bundesregierung Projekte auf, die im Forschungsbereich derzeit unterstützt werden (Antworten auf Fragen 2, 3, 8, 9 und 18). Hierunter fallen etwa das Projekt "Unterstützte Kommunikation (UK) - den Erwerb kommunikativer Kompetenzen und Grundbildung von Schwerstbehinderten mit UK ermöglichen", das Zukunftsprojekt "Arbeitswelt und Arbeitsorganisation von morgen" oder das Projekt "Informationspool Computerhilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte" (INCOBS), um nur einige zu nennen. Interessant ist auch, dass die Bundesregierung im Rahmen der Erarbeitung des Nationalen Aktionsplanes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention prüfen wird, "ob und wie das Thema "Barrierefreiheit" als fester Bestandteil der Aus- und Weiterbildung von Ingenieuren und Architekten stärker berücksichtigt werden kann" (Antwort auf Frage 14). Außerdem erfährt man, dass die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) voraussichtlich im Frühjahr/Sommer 2011 in Kraft treten wird (Antwort auf Frage 15). Auch die Deutsche Bahn wird nach Angaben der Bundesregierung den "behindertengerechten Service" auf ihren Internetseiten weiter verbessern (Antwort auf Frage 16). Einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Informations- und Kommunikationstechnologien scheinen für die Bundesregierung die sog. eHealth-Anwendungen der Telemedizin und des Telemonitoring zur nachhaltigen Betreuung chronisch erkrankter Menschen in ihrem häuslichen Umfeld zu sein (Antwort auf Frage 20). Hier möchte die Bundesregierung Implementierungslücken identifizieren und Maßnahmepakete erarbeiten.